Der Einsturz
Um 12 Uhr 22′ 55” des 19. Juli 1985 gibt der Damm des oberen Beckens nach und stürzt auf das untere Becken, das ebenfalls einstürzt.
Die aus Sand, Schlamm und Wasser bestehende Masse wälzt sich mit einer Geschwindigkeit von rund 90 Stundenkilometern zu Tal und reißt Menschen, Häuser und alles, was sich ihr bis zur Mündung des Stavabaches in den Fluss Avisio in den Weg stellt, mit sich. Nur wenige der von der Schlammlawine getroffenen Menschen überleben.
Auf ihrem Weg tötete die Schlammlawine 268 Personen, zerstörte 3 Hotels, 53 Wohnhäuser und 6 Werkhallen. 8 Brücken wurden mitgerissen und 9 Häuser schwerstens beschädigt. Eine 20 bis 40 Zentimeter dicke Schlammschicht bedeckte eine Fläche von 435.000 Quadratmetern auf einer Länge von rund 4,2 Kilometern.
Aus der Deponie entleerten sich rund 180.000 Kubikmeter Schlamm. Dazu kamen weitere 40-50.000 Kubikmeter Material aus Erosionsprozessen, zerstörten Gebäuden und Hunderten von entwurzelten Bäumen.
Die Katastrophe des Stavatals ist mit 268 Toten und Sachschäden in Höhe von mehr als 133 Millionen Euro eines der schwersten Unglücke, die sich weltweit infolge des Einsturzes einer Bergwerksdeponie ereignet haben. Sie gehört in Italien zu den größten Katastrophen in der Geschichte der Industrie.
Das Seismogramm
Anhand der Analyse der Aufzeichnung des Seismographen von Cavalese konnte der Ablauf der Schlammlawine rekonstruiert werden.
Animation
Die Schlammlawine aus der Luft gesehen – Quelle: www.wise-uranium.org
Die Katastrophe in Zahlen
Der Untersuchungsrichter von Trient schreibt im Anklageerhebungsbeschluss: „Hätte man seinerzeit auch nur ein Zehntel des Geldes und der Mühe aufgebracht, die für die Ermittlungen nach der Katastrophe eingesetzt wurden, so wäre es wahrscheinlich niemals zum Einsturz der knapp 170.000 Kubikmeter dickflüssigen Schlammes gekommen“.
Die Schlammlawine
180.000 Kubikmeter Schlamm und Wasser stammten aus der Deponie,
40-50.000 Kubikmeter Material aus Erosionsprozessen, zerstörten Gebäuden und Hunderten von entwurzelten Bäumen
Die Geschwindigkeit
Ungefähr 90 Stundenkilometer (23 bis 25 Meter in der Sekunde)
Die betroffene Oberfläche
Ungefähr 435.000 Quadratmeter über eine Länge von 4,2 Kilometern
Die Sachschäden
3 Hotels, 53 Wohnhäuser, 6 Werkhallen, 8 Brücken wurden völlig zerstört
9 Gebäude wurden schwer beschädigt
Hunderte von Bäumen wurden entwurzelt
Erosionsprozesse auf einer Fläche von insgesamt 27.000 Quadratmetern
Die Opfer
268 Tote, und zwar:
28 Kinder unter 10 Jahren
31 Jugendliche unter 18 Jahren
89 Männer
120 Frauen
Die Rettungsleute waren sofort an Ort und Stelle und die Rettungsaktion war äußerst effizient. Die Zahl der Verletzten und der lebend aus den Trümmern geborgenen Menschen war jedoch gering: angesichts der Gewalt und der Geschwindigkeit der Schlammlawine hatten die Opfer keine Chance.
267 Menschen waren auf der Stelle tot und eine junge Frau, die lebend aus den Trümmern eines der Hotels von Stava geborgen wurde, verstarb wenige Tage später.
Um die genaue Zahl der Opfer (268) zu ermitteln, musste man die rechtskräftige Todeserklärung der Opfer, die nicht identifiziert werden konnten, abwarten.
Per Gesetzesdekret Nr. 480 vom 24. September 1985 – später in das Gesetz Nr. 662 vom 21. November 1985 umgewandelt – wurde der Zeitraum, der zwischen der Vermisstenerklärung und der Todeserklärung vergehen musste, auf ein Jahr reduziert.
Nichtsdestotrotz erteilte das Landesgericht Trient mit Urteilen vom 26. September 1985 und vom 10. Oktober 1985 der Gemeinde Tesero die Ermächtigung, die Totenscheine auszustellen. Diese wurden anschließend an die 21 Wohnsitzgemeinden der nicht identifizierten Opfer übermittelt.
In den Monaten nach der Katastrophe wurden 269 Opfer genannt. Aus dieser Liste wurde später jedoch ein französischer Staatsbürger gestrichen, der zwar für vermisst, aber niemals für tot erklärt worden war.
Die nicht identifizierten Opfer fanden ihre letzte Ruhestätte im Friedhof der Opfer des Stavatales bei der Kirche San Leonardo in Tesero.
Die Rettungsaktion
An der Rettungsaktion haben mindestens 18.000 Mann teilgenommen, davon waren mehr als 8.000 Freiwillige Feuerwehrleute des Trentino und 4.000 Soldaten des IV. Armeekorps. Als erste erreichten die Freiwilligen Feuerwehren von Tesero und des Fleimstals den Unglücksort.
Wenige Stunden später waren alle Freiwilligen Feuerwehren des gesamten Trentino zur Stelle sowie die Berufsfeuerwehren von Trient und Bozen, viele Freiwillige Feuerwehren aus Südtirol, die Rettungsdienste Weißes und Rotes Kreuz, Carabinieri, Staatspolizei, Finanzwache und Forstkorps, Hundestaffeln, Rettungstaucher und Hunderte von freiwilligen Helfern.
Im Rahmen der Rettungsaktion kamen 19 Hubschrauber, 774 Kraftfahrzeuge, 137 Sonderfahrzeuge, 16 Kranfahrzeuge mit langem Arm, 72 Flutlichtscheinwerfer, 5 Rettungsboote, 26 Rettungswagen, 27 Feldküchen, 144 tragbare Funkapparate und 4 Funkverbindungsstationen zum Einsatz. Im Rathaus von Tesero richtete man das Hauptquartier des Zivilschutzes ein, von wo aus der amtierende Minister für Zivilschutz Giuseppe Zamberletti persönlich die Rettungsaktion koordinierte.
Die meisten Opfer wurden in den ersten Stunden geborgen. Die Suchaktion dauerte jedoch drei Wochen an. Die Leichen wurden zunächst in die Turnhalle der Volksschule von Tesero gebracht. In der Folge wurde die Trauerhalle in der Kirche „Chiesa della Pieve“ in Cavalese eingerichtet, wo 1976 und dann 1998 die Leichen der 62 Opfer der zwei Seilbahnkatastrophen des Cermis aufgebahrt wurden.
Die schwierige und schmerzvolle Identifizierung der Leichen wurde bis Mitte August in klimatisierten Räumen in Neumarkt fortgesetzt. Viele Opfer konnten jedoch nicht identifiziert werden. Rund 1000 freiwillige Helfer des Roten Kreuzes waren über Tage im Einsatz, um den Angehörigen bei der Identifizierung der Opfer beizustehen.
Auch in Stava lieferten die Vereine von freiwilligen Helfern, die im Alpenraum eine jahrhundertealte Tradition aufweisen, einen konkreten Beweis ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer überzeugten menschlichen Solidarität.
2005 wurde der 20. Jahrestag der Katastrophe den vielen Helfern gewidmet, die an der Rettungsaktion und bei der Bergung der Toten mitgewirkt hatten.